Hintergründe

Ziel der Zeitzeugengespräche war es, Erfahrungen, Erinnerungen, Geschichten und Zeugnisse aus den besagten Zeiträumen zu sammeln, aufzubereiten und verfügbar zu machen. Wir haben uns dabei auf verschiedenen Wegen den Quellen angenähert: Theoretisch über das Wissen der Archive (z.B. zur Integrationspolitik der DDR), partizipatorisch durch Besuche von Museen und Ausstellungen (u.a. zum DDR-Alltag) und schließlich vor allem filmisch, indem wir die Menschen aufsuchten und uns ihre Sicht der Dinge erzählten ließen. Entstanden sind auf diesem Wege sieben Interviews, geführt in Leipzig, Halle und Wernigerode.

Die Begegnungen der Projektgruppe mit den Zeitzeug*innen wirken eindrücklich und nachhaltig. Es wurden Fragen diskutiert, zum Beispiel: Wer ist das Volk bei „Wir sind das Volk!“? Fühlten sie sich mit eingeschlossen? Wie friedlich haben sie die „Friedliche Revolution“ in der Wende- und Nachwendezeit erlebt? Heute erscheinen die hier seh- und hörbaren Ergebnisse – Dokumente einer historischen, biographischen und nicht zuletzt politischen Spurensuche – aktueller denn je. Über die Erinnerungen an die persönlich und individuell erlebte Geschichte erleben wir den auch damals existierenden Rechtspolulismus/extremismus. Gegenwärtig erstarkt er in unserer Gesellschaft neu, macht rassistische Äußerungen salonfähig und lässt Bedrohungen durch Handlungen und Übergriffe mit rassistischen Motiven wieder alltäglich werden. Gleichzeitig ermöglicht das Projekt den Zeitezeugen jedoch, ihre Sicht zur politischen Wende zu artikulieren und (kritische) Reflexionen anzuregen.

Unsere Interviews verbinden Bildmaterial und Erinnerungsstücke verschiedener persönlicher Erinnerungsorte mit aktuellen Aufnahmen. Das so (Mit)Geteilte komplettiert und individualisiert die ,offizielle‘, häufig weiße Geschichte und verlinkt beides neu zu erlebter Erfahrung. Mit dieser Absicht haben wir auch auf die Filmsoftware Korsakow zurückgegriffen, die es ermöglicht, die entstandenen Videoclips thematisch in fünf Kategorien (Völkerfreundschaft; DDR-Leben; Ruf nach Freiheit/Einheit; 90er Jahre; 2019) geordnet, non-linear bereitzustellen und den interaktiven Film um weitere Zeitzeugen zu erweitern: Als digitales Tool erlaubt sie uns auf leichtem Wege, Geschichte aus anderen Perspektiven erlebbar zu machen und mit experimentellen Mitteln zu erzählen; Mitteln, die es ein Stück weit den Betrachter*innen überlassen, welchen Weg der Erinnerung sie einschlagen wollen.